Arbeitszeiterfassung: Pflichten, Systeme & Umsetzung | Perwiss
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Arbeitszeiterfassung - Alles, was Sie wissen müssen!

Die Arbeitszeiterfassung in Deutschland gewinnt zunehmend an Bedeutung – nicht nur als organisatorisches Tool, sondern auch durch die klare Zeiterfassungspflicht, die aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sowie aktuellen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts hervorgeht. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter – also Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit – zuverlässig zu dokumentieren.

Ziel dieser Pflicht ist es, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sicherzustellen, Überstunden transparent zu machen und Arbeitnehmer vor Überlastung zu schützen. Gleichzeitig profitieren Unternehmen von einer besseren Planung und Rechtssicherheit. Die Umsetzung kann auf verschiedene Weise erfolgen: von klassischen Stundenzetteln über elektronische Systeme bis hin zu digitaler Zeiterfassung per App oder Software, die sich besonders für Homeoffice und Remote Work eignet. Damit ist die Arbeitszeiterfassung heute ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Arbeitsorganisation.

Im Folgenden erfahren Sie mehr!

Arbeitszeiterfassung - Das Wichtigste in Kürze!

  • Die Arbeitszeiterfassung ist in Deutschland für alle Arbeitgeber verpflichtend (EuGH-Urteil).
  • Ziel der Zeiterfassung ist es, Arbeitnehmer zu schützen, Überstunden transparent zu machen und Rechtssicherheit zu schaffen.
  • Die Erfassung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen - von klassischen Stundenzetteln über stationäre Systeme bis hin zu modernen digitalen Lösungen wie Apps oder Cloud-Software.

Warum ist Zeiterfassung so wichtig?

Eigene Darstellung der Perwiss-Redaktion

Rechtliche Grundlagen 

Wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit Zeiterfassungsmethoden und -systemen auseinandersetzen, ist es wichtig, die rechtlichen Grundlagen zu verstehen und auf einen Blick parat zu haben: 

1. Arbeitszeitgesetz (ArbZG): 

  • Regelt die maximale Arbeitszeit in Deutschland: höchstens 8 Stunden pro Tag, in Ausnahmefällen bis 10 Stunden, wenn im Durchschnitt 8 Stunden nicht überschritten werden. Außerdem sind 11 Stunden ununterbrochene Ruhezeit vorgeschrieben. Pausenregelungen (z. B. 30 Minuten ab 6 Stunden Arbeitszeit) sind verbindlich.

2. EuGH-Urteil (2019)

  • Der Europäische Gerichtshof entschied, dass Arbeitgeber in der EU verpflichtet sind, die gesamte Arbeitszeit systematisch zu erfassen. Hintergrund: Schutz von Arbeitnehmerrechten und Vermeidung von „unsichtbarer Mehrarbeit“.

3. Bundesarbeitsgericht (2022) 

  • Das Bundesarbeitsgericht stellte 2022 klar, dass auch in Deutschland bereits nach aktuellem Recht eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht – gestützt auf das Arbeitsschutzgesetz.

4. Gesetzesentwurf Bundesarbeitsgericht (2023/2024)

  • Das Bundesarbeitsministerium hat Vorschläge gemacht, die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz zu verankern. Voraussichtlich sollen Arbeitgeber verpflichtet werden, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit elektronisch zu erfassen (Apps, Software etc.)

Pflichten und Besonderheiten

Pflicht für Arbeitgeber

Grundsätzlich muss jeder Arbeitgeber die Arbeitszeit erfassen – unabhängig von der Unternehmensgröße. Auch kleine Betriebe oder Start-ups sind verpflichtet.

Ausnahmen

Führungskräfte und leitende Angestellte, die ihre Arbeitszeit frei einteilen können, sind von der Pflicht teilweise ausgenommen. Auch für bestimmte Branchen mit Tarifverträgen gibt es Sonderregelungen.

Aufbewahrungspflichten

Arbeitgeber müssen die Arbeitszeitnachweise mindestens zwei Jahre aufbewahren, in manchen Branchen (z. B. Bau, Gastronomie, Logistik) sogar länger, weil dort die Gefahr von Schwarzarbeit hoch ist.

Einheitlichkeit

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt bundesweit und ist nicht von einzelnen Bundesländern abhängig. Grundlage ist das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das ein Bundesgesetz ist, sowie die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (2019) und des Bundesarbeitsgerichts (2022). Deshalb gibt es keine Unterschiede zwischen Bayern, NRW, Berlin oder anderen Bundesländern.

Branchenunterschiede
  • Grundsätzlich gilt die Pflicht für alle Branchen. Allerdings gibt es besondere Anforderungen in bestimmten Bereichen, z. B.:
    • Baugewerbe, Gastronomie, Logistik, Gebäudereinigung:
      Hier bestehen aufgrund des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (MiLoG i. V. m. SchwarzArbG) strengere Dokumentationspflichten. Arbeitgeber müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit besonders genau festhalten und mindestens 2 Jahre aufbewahren.

    • Minijobs (geringfügig Beschäftigte):
      Auch hier muss die Arbeitszeit sehr genau dokumentiert werden – insbesondere, um die Einhaltung des Mindestlohns nachzuweisen.

    • Tarifverträge:
      In manchen Branchen können Tarifverträge Ausnahmen oder abweichende Regelungen vorsehen, z. B. für leitende Angestellte oder Beschäftigte mit Vertrauensarbeitszeit.
Home-Office und Remote Work

Besonders seit der Corona-Pandemie ist es wichtig, Arbeitszeiten auch außerhalb des Büros zu erfassen. Digitale Systeme, Apps oder Browserlösungen sind hier unverzichtbar

Vertrauensarbeitszeit

Auch hier muss Arbeitszeit erfasst werden – allerdings liegt die Kontrolle oft stärker beim Arbeitnehmer. Arbeitgeber müssen trotzdem sicherstellen, dass Gesetze (max. Arbeitszeit, Pausen) eingehalten werden.

Projektbasierte Arbeit

Besonders bei Agenturen, IT- oder Beratungsunternehmen wird Zeit oft pro Projekt erfasst. Das hilft nicht nur für die Arbeitszeitkontrolle, sondern auch für die Abrechnung gegenüber Kunden.

Datenschutz

Arbeitszeitdaten gelten als personenbezogene Daten. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass sie geschützt sind. Besonders sensibel sind biometrische Daten (z. B. Fingerabdruck), die nur in engen Grenzen erlaubt sind.

Methoden der Zeiterfassung 

Welche unterschiedlichen Möglichkeiten zur Zeiterfassung gibt es und welche sind am praktischsten? Hier erhalten Sie einen schnellen Überblick: 

Eigene Darstellung der Perwiss-Redaktion

Manuell (klassisch) 

  • Arbeitszeiten werden handschriftlich auf Stundenzetteln notiert oder in Excel-Tabellen eingetragen.
  • Vorteil: einfach, kostengünstig.
  • Nachteil: fehleranfällig, manipulierbar.

Elektronisch (stationär)

  • Stechuhren oder Terminals, bei denen Mitarbeiter mit einer Chipkarte oder dem Fingerabdruck ihre Zeiten stempeln.
  • Vorteil: sehr genaue Erfassung
  • Nachteil: unflexibel für Remote Work

Digitale Lösungen (mobil)

  • Apps und cloudbasierte Systeme, die auch im Home-Office und unterwegs genutzt wrrden können. Oft mit Zusatzfunktionien wie Projektzeitbuchungen.
  • Vorteil: flexibel, ortsunabhängig, oft mit Zusatzfunktionen
  • Nachteil: abhängig von Technik & Internet, mögliche Datenschutzfragen

Hybride Modelle: 

  • Kombination verschiedener Systeme - z.B. ein terminal im Büro und eine App für den Außendienst oder für das Home-Office
  • Vorteil: hohe Flexibilität, deckt unterschiedliche Arbeitsmodelle ab
  • Nachteil: komplexere Verwaltung, höhere Kosten

Vor- und Nachteile für Mitarbeiter und Arbeitgeber

Eigene Darstellung der Perwiss-Redaktion

Auch wenn die Arbeitszeiterfassung in Deutschland ohnehin verpflichtend ist, lohnt sich eine durchdachte Umsetzung für beide Seiten. Die Vorteile – wie Transparenz, Fairness, Schutz der Mitarbeiter, bessere Planbarkeit und Rechtssicherheit – überwiegen klar die Nachteile. Moderne Systeme helfen, Überstunden sichtbar zu machen, Prozesse zu optimieren und Vertrauen zu schaffen.

Die möglichen Nachteile lassen sich zudem gut abfedern:

  • Kontrollgefühl reduzieren, indem Mitarbeiter aktiv in die Einführung des Systems einbezogen werden.

  • Bürokratie minimieren durch digitale Tools, die Zeiterfassung möglichst einfach und automatisch machen.

  • Datenschutz sicherstellen durch seriöse, DSGVO-konforme Anbieter.

  • Kosten rechtfertigen, indem Systeme nicht nur Arbeitszeiten erfassen, sondern auch Zusatzfunktionen (z. B. Urlaubsplanung, Projektmanagement) bieten.

👉 Kurz gesagt: Die Investition in ein transparentes, digitales Zeiterfassungssystem bringt langfristig mehr Effizienz, Fairness und Sicherheit – und macht die gesetzliche Pflicht zur Chance für bessere Zusammenarbeit.

FAQ

1. Ist Arbeitszeiterfassung in Deutschland Pflicht?

Ja. Arbeitgeber sind verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch zu erfassen – unabhängig von Unternehmensgröße oder Branche.

2. Welche Arten der Zeiterfassung gibt es?

Die gängigen Methoden sind manuelle Stundenzettel oder Excel-Tabellen, stationäre Systeme wie Stechuhren, digitale Lösungen per App oder Computer sowie hybride Modelle, die verschiedene Ansätze kombinieren.

3. Was bedeutet das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung?

Der Europäische Gerichtshof hat 2019 entschieden, dass Arbeitgeber ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung einführen müssen, um den Schutz von Arbeitnehmern zu gewährleisten.

4. Wie lässt sich Arbeizeit effizient digital erfassen?

Am effizientesten lässt sich die Arbeitszeit über cloudbasierte Tools oder Apps erfassen, da diese ortsunabhängig nutzbar sind, Zusatzfunktionen wie Projektbuchung bieten und sich leicht in bestehende Systeme integrieren lassen.

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